Mittwoch, 17. Oktober 2012

11. Endstation KZ Groß Rosen - Karl Otto Zielke

Vorwort


Als ich im Frühjahr 1958 im Alter von neun Jahren aus dem Erziehungsheim Gotteshütte in das evangelische Waisenhaus Marthaheim in Gladbeck verbracht wurde, veränderte sich doch einiges in meinem Leben zum Positiven, und ich hatte wesentlich mehr Freiheiten, als es zuvor der Fall gewesen war. Auch gesundheitlich ging es mir ab dem Zeitpunkt besser. 
So war es mir von nun an möglich, nahezu jeden Sonntag meine Großmutter in Gladbeck zu besuchen. Erst geschah dies mit meinen anderen vier Geschwistern, die im Waisenhaus untergebracht waren, später genoss nur ich allein dieses Privileg. Meiner Großmutter wurde es wohl zuviel uns alle zu verköstigen, und zu beaufsichtigen, denn sie hatte nur eine kleine Zweizimmerdachgeschosswohnung (Wohnküche/Schlafzimmer). Ein hellbrauner Kachelfofen mit gußeisener Herdplatte wurde ganzjährig beheizt, denn er diente zugleich als Kochstelle für das tägliche Mittagessen. Die Toilette, die mit anderen Nachbarn geteilt werden musste, befand sich eine Treppe tiefer. 
Viel Liebe und Zuwendung erfuhr ich in der damaligen Zeit von ihr, ohne dies in gleicher Weise zu erwidern. Sie war in zweiter Ehe verheiratet, und nach und nach, und mit der Zeit, kam ich auf meinen ersten Großvater zu sprechen. Viel erzählte sie nicht, aber meine Neugierde war geweckt und hält bis heute an.

Datei:Gross Rosen 2.JPG
Quelle: Wikilpedia Endstation KZ Groß Rosen
So erfuhr ich von ihr, dass sie und mein Großvater von Nachbarn aus dem Hause wegen Verstoßes gegen die Reichsrundfunkverordnung angezeigt wurden, in Schutzhaft kamen, und in ein Lager nach Gladbeck-Zweckel verbracht wurden. Während die Großmutter nach gut sechs Wochen wieder frei kam, wurde mein Großvater weiter inhaftiert, und soll letztlich in einem KZ verstorben sein. Das war meine Ausgangssituation zu meinem Großvater, und es beschäftigt mich bis heute, mehr denn je.